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15. März 2014

Wir haben gebaut

Nachdem die Oberstufe reformiert und eine neu geordnete Mittelstufe eingeführt worden war, ging das Kollegium der Unterstufe daran, die eigene Arbeit zu betrachten und die Bedingungen zu überprüfen. Veränderte Kindheit und Herabsetzung des Einschulungsalters ließen Veränderungen notwendig erscheinen.

So wurden verschiedene Konzepte betrachtet und debattiert sowie Wünsche formuliert. Dabei stand auch die Klassengröße zur Diskussion. Schließlich entschieden wir uns, nicht nur aus finanziellen Gründen, die großen Klassen beizubehalten. Die Vorteile einer Gruppe von über 30 Kindern sind für uns offenkundig: Da sind zum Einen die wunderbaren Klangerfahrungen beim Singen und chorischen Sprechen, die man nach einer Zeit des gemeinsamen Übens erleben kann. Zum anderen aber gibt es vielfache Möglichkeiten im Sozialen, jedes Kind findet zumindest einen Freund oder eine Freundin. Aber auch die Chance, in die Gruppe einzutauchen und damit aus dem Fokus einer ständig beobachtenden Autoritätsperson rücken zu können, ist mitunter Labsal für die Schülerinnen und Schüler. Und die Kinder lernen, Aufmerksamkeit teilen zu müssen.

Neubau 2015

Wie aber kann außerdem gewährleistet werden, dass auch jedes Kind seinen Bedürfnissen gemäß individuell gefördert und gefordert wird? Schon vor vielen Jahren ist die Teilung der Klassen in den Fachunterrichten eingeführt worden, so dass die Kinder eigentlich nur noch im Hauptunterricht, in der Musikstunde und im Turnen im großen Klassenverband zusammen unterrichtet werden.

Seit einigen Jahren hat es sich etabliert, den KlassenlehrerInnen in den ersten Klassen eine Assistenz an die Seite zu stellen. Dies hat sich als so erfolgreich erwiesen, dass wir beschlossen, dies als Konzept für die ersten 2, optional 3 Schuljahre festzuschreiben. Nun arbeiten immer zwei LehrerInnen im Team und entwickeln jeweils unterschiedliche Formen der Zusammenarbeit, je nach Charakter, Temperament und Bedarf. Das reicht von der Hilfe für Einzelne während der unterschiedlichen Teile des Unterrichts bis hin zu Einzel- oder Kleingruppenarbeit in einem separaten Raum, Vor- und Nachbereitungen des Unterrichts, Reflexion und Vertretung.

Da nun der Neubau anstelle des alten Holzanbaues anstand, sollte diese Neugestaltung des Unterrichts sich auch in der Neugestaltung des Gebäudes widerspiegeln.

Im sich bildenden Baukreis setzten sich neben der Geschäftsführerin Waltraud Cassellius, dem Hausmeister Manfred Stehmeier und dem Elternvertreter Holger Froehlich die beiden Klassenlehrerinnen der Unterstufe Edda Dammann und Systa Petersen mit dem Architektenteam zusammen, um diese Interessen mit zu vertreten. Da außerdem ein neuer Eurythmieraum gebaut werden sollte, vertrat Bärbel Weitkus das Eurythmiekollegium. Zudem ergab sich die Möglichkeit, einen kleinen Saal für Veranstaltungen verschiedener Art zu bauen, so dass Clive Ford für den Kulturkreis an den Sitzungen des Baukreises teilnahm.

Neubau 2014 im Nebel

Nun wurden Wünsche mit dem finanziell und technisch Machbaren in Beziehung gesetzt, die Vorschläge des Architektenteams besprochen, der ständig wachsende Rohbau begleitet, Farben für Wände, Fußböden, Vorhänge, Schränke und Stühle ausgesucht, mancher Kompromiss geschlossen und manches Ergebnis beglückt entgegengenommen. Die Kompromisse? Ein großes organisch geformtes Fenster im neuen Theatersaal wurde eingespart, statt dessen ist ein Normmaß eingebaut worden, die Decken in den Klassenräumen sind nach akustischen Gesichtspunkten und Auflagen eingerichtet, was wirksam ist, aber weniger ansehnlich. Das ist eindeutig zu verschmerzen angesichts dessen, was dort entstanden ist:

  • Die Räume der ersten und zweiten Klasse sind größer als bisher, außerdem hat jede Klasse einen kleinen Gruppenraum. Diese Räume können parallel zu Hauptunterricht genutzt werden, aber auch für den Sprachunterricht in den geteilten Gruppen sowie Förderstunden. Der Garderobenbereich vor den jeweiligen Klassenräumen ist geräumig, jedes Kind hat ein eigenes Fach für Hausschuhe, Mütze und Handschuhe und einen Platz auf der Bank zum Sitzen beim Umziehen. Die Toiletten ganz in der Nähe nehmen den Kindern die Mühsal des langen Weges bis ins Foyer.
  • Die erste Klasse hat ihren Raum an der Seite zur Graft, die alten Buchen und Kastanien bilden Höhle und Hülle für die Kleinen.
  • Die zweite Klasse schaut in den Schulgarten und schon morgens um 8 Uhr strahlt hier die Sonne herein. Im Flur ist Raum für verschiedene Geräte, die im bewegten Klassenzimmer zum Einsatz kommen.
  • Im zweiten Stock ist der Theatersaal mit Bühne und Platz für 180 Stühle und Zugang zu einem Schminkraum hinter der Bühne. Dieser ist auch Umkleideraum mit vielen Schränken für die Eurythmie. Der Eurythmiesaal hat ein großes Fenster nach Süden zum Garten und ist stets sonnendurchflutet. Dieser zweite Stock ist nicht nur über eine Treppe, sondern auch mit einem Fahrstuhl zu erreichen, den die „Aktion Mensch“ finanziert hat, um damit die Entwicklung zu einer inklusiven Schule zu unterstützen.

Nun ist der Neubau an den ehemaligen Achtklassbau angeschlossen. Das untere Stockwerk wird in Zukunft die gesamte Unterstufe beherbergen von Klasse 1 bis Klasse 6. Nach und nach werden alle Klassenräume renoviert und neu bezogen, Klasse 5 und 6 ziehen von oben nach unten um. Im oberen Stockwerk ist dann Platz für die Mittelstufe mit den Klassen 7, 8 und 9 und einem großen Raum für Gruppenarbeit und Präsenzbibliothek. Der Name „Achtklassbau“ dürfte damit der Vergangenheit angehören.

Ende Januar, noch während die Handwerker letzte Arbeiten beendeten, fand der Umzug der 1. und 2. Klasse statt. Alle Kinder einer Klasse schleppten gemeinsam den großen Teppich in ihr neues Klassenzimmer und schließlich zu zweit je eine Bank mit zwei Sitzkissen. Die Eltern brachten die Schränke nach und in Nullkommanichts waren die neuen Räume eingenommen. Der erste Morgenspruch, das erste Lied erklang ehrfürchtig und stolz im neuen „Zuhause“ und weihte so den Bau – für uns - ein.

Offiziell wird dies in Anwesenheit vieler Gäste am 1. April sein. Dann wird auch das Gelände rundherum fertig sein, die Baustraße zurückgebaut, der letzte Erdhügel eingeebnet und das Gras neu gesprossen sein.

Im Zuge des Neubaus kam es auch zu einer Neugestaltung des Geländes: Die große Hecke zum Garten wurde entfernt und durch einen Zaun ersetzt, der eine neu angepflanzte Weißdornhecke schützt. Diese schließt an die bereits bestehende Hecke an der Ostseite des Gartens an und ermöglicht einen freien Blick in den Schulgarten. Vor dem Zaun ist viel neuer Platz entstanden, der in Zukunft auch für einen weiteren Spielbereich vor allem für die unteren Klassen genutzt werden soll. Die alten Bäume auf der Rückseite des Gebäudes wurden bewusst geschützt, dort soll das Gelände weiterhin waldähnlich bleiben.

Die Arbeit in den neuen Räumen ist eine Freude! Und zwei Räume zur Verfügung zu haben bietet viele Möglichkeiten für einen differenzierten Unterricht und Rücksichtnahme auf verschiedene Bedürfnisse.

von Systa Petersen

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